Ja, das erste Unconscious Bias Training ist aufregend und ein ganz wichtiger Schritt für dich und dein Team. Denn oftmals ist es in Unternehmen der erste Meilenstein auf ihrer Diversity & Inclusion-Reise. Damit das Training wirkungsvoll ist, gibt es jedoch einiges, dass du vorher beachten solltest.
Denn es gibt auch einen negativen Effekt von Unconscious Bias Training: Dass die Situation vorurteilsbehafteter wird als vorher. Damit das nicht passiert: Hier sind vier Reflexionsfragen, die du dir vor deinem Training stellen solltest.
1. Nehmen alle freiwillig am Training teil?
Das ist eine ganz wichtige Frage, die entscheidend für die Motivation der Gruppe ist. Ganz klar: Wenn einfach über deinen Kopf hinweg entschieden wird, dass du an diesem Training teilnehmen musst, wirst du dich möglicherweise dem Thema gegenüber ablehnend verhalten. Wir sprechen oft mit Unternehmen, deren Unconscious Bias Trainings schief gegangen sind weil sie ihre Führungskräfte an einem strategisch zu frühen Punkt zur Teilnahme gezwungen haben. Es ist zwar nicht unwahrscheinlich, dass sich eine Anti-Haltung nochmal im Training ändert. Aber es ist schwieriger für den Lernerfolg der gesamten Gruppe, wenn sich einzelne Teilnehmer*innen denken: „Puh, jetzt muss ich heute dieses Training machen, ich habe aber dieses und jenes auf dem Schreibtisch und eigentlich besseres zu tun.“ Das führt nur zu Nein-Sager*innentum, zieht die Stimmung runter und mindert den Lernfortschritt aller.
2. Werden im Training gesamtgesellschaftliche Auswirkungen von unbewussten Vorurteilen erwähnt?
Unconscious Bias sind eigentlich etwas furchtbar normales. Unser Gehirn mag eben Abkürzungen und greift daher vereinfachend auf die erlernten Muster zurück. Doch genau diese Normalisierung ist es, die viel zu kurz greift, wenn du möchtest, dass das Training wirkungsvoll ist und auch eine Verhaltensänderung bewirkt. Nur, wenn wirklich klar wird, dass es genau diese unbewussten Vorurteile sind, die auch strukturell zu Rassismus, Sexismus, Homofeindlichkeit usw. führen – sie also fundamentale Auswirkungen auf die soziale Gerechtigkeit und Chancengerechtigkeiten haben – ist das Training wirkungsvoll. Unconscious Bias sind nämlich kein akademisches Konstrukt, das man sich in einem Tag einmal anschaut und dann wieder zu den Akten legen kann. Sie zu verlernen, ist eine lebenslange und verantwortungsvolle Reise.
3. Wie viel Praxisübung findet im Training statt?
Sich einen Frontalvortrag über Unconscious Bias anzuhören ist das eine. In konkreten Szenarien zu üben, wie und wann du die unbewussten Vorurteile bemerken kannst, das andere. Vor allem: Wenn du die Situationen in einem sicheren Rahmen üben kannst und dort lernst, wie du die Auswirkungen der Verzerrungseffekte schmälerst. Es macht zudem auch viel mehr Spaß, selbst aktiv zu sein und zu gestalten, als einen schnöden langen Vortrag mit unzähligen Powerpoint-Folien zu hören, oder? Am besten ist es, wenn die Situationen direkt aus deinem Arbeitsalltag stammen- dann ist es gleich für alle viel plastischer. Dazu brauchst du natürlich eine*n erfahrene*n Trainer*in, der*die dich abholt, wo du stehst. Eine*n Trainer*in , der*die weiß, welche praktisch umsetzbaren Tipps dein Team benötigt.
4. Wie ernst ist es dir mit der Veränderung?
Klar kannst du ein Training zu einem angesagten Thema wie Unconscious Bias buchen, an diesem Tag viel lernen und Spaß haben. Aber: Was steckt dahinter? Siehst du bzw. dein Unternehmen das Training eher als Türöffner für eine weitere Diskussion über Diversity und Inklusion? Oder bleibt nach dem Training alles wie es ist? Ein Unconscious Bias Training kann viel bewirken – wenn du das Gelernte danach auch intern umsetzt. Das musst du natürlich nicht alleine machen, denn auch dabei kann dich ein*e erfahrene*r Berater*in unterstützen.
Also hinterfrage auch die ehrlich die Intention, mit der du das Training buchst. Denn das hat Auswirkungen darauf, ob es ein wirkungsvolles Unconscious Bias Training sein wird. Das Training ist nämlich nur der erste Stein, der ins Rollen gebracht wird: Denn Biases verstecken sich in den Strukturen und Prozessen und diese musst du ebenfalls kritisch beleuchten und optimieren. Ein Anfang könnten deine Hiring-Prozesse sein. Hier findest du wertvolle Tipps zu Inclusive Hiring.
Falls du alle Fragen positiv für dich beantwortet hast:
Das sind die fünf Zutaten für ein wirkungsvolles Unconscious Bias Training
1. Es klärt auf warum wir darüber sprechen
Schon als Kinder wollten wir doch immer wissen, warum wir dieses oder jenes machen. Und als Erwachsene ist das nicht anders. Zum Verstehen und Lernen neuer Dinge gehört, dass ich weiß, warum ich etwas mache. Ein kraftvolles Warum ist sinnstiftend und verbindend. Also müssen die Warum-Fragen in deinem Unternehmen geklärt werden – am besten auch schon vor dem Training: Warum ist es wichtig, dass wir mehr über Unconscious Bias lernen? Warum wollen wir sensibler dafür werden? Und warum hat es negative Auswirkungen, wenn wir uns nicht mit unbewussten Vorurteilen beschäftigen?
2. Trainer*innen, die Ahnung von Didaktik haben
Ahnung vom Thema ist das eine. Die Erfahrung, diversity-sensibel für die Unterschiede zwischen den Teilnehmenden zu sein, das andere. Sind zum Beispiel weiße Menschen und BIPOC in einem Training, werden BIPOC niemals aufgefordert, etwas aus dem Alltag teilen zu müssen. Es ist emotional sehr anstrengend und nicht diversity-sensibel, wenn marginalisierte Gruppen von ihren Diskriminierungserfahrungen erzählen müssen. Ein guter Trainer*in weiß das.
Etwas anderes ist es natürlich, wenn Menschen mit Diskriminierungserfahrungen aus eigenem Antrieb etwas mit der Gruppe teilen möchten. Erfahrung kann auch bedeuten, dass ich bewusst eine*n Trainer*in mit mehrfacher Diskriminierungserfahrung buche. Der Erfahrungshorizont einer weißen, cisgender, hetero Frau ohne Behinderung ist ein anderer, als der einer Schwarzen, queeren trans Person mit Behinderung. Das heißt nicht, dass das eine Training besser wäre, als das andere. Aber ein sehr reflektiertes Privilegienbewusstsein ist einfach das A&O. Wir halten es in unseren Trainings so, dass wir auch eigene Erfahrungen teilen, was die Thematik für alle sehr viel lebhafter werden lässt (und einen weiteren Raum öffnet für jene, die sich in den Erfahrungen wiederfinden.)
3. Zentriere die Erfahrung der marginalisierten Personen in der Gruppe
Das Unconscious Bias Training sollte ein offener Lernraum sein. Was dort passiert, bleibt auch dort. Daher ist es wichtig, dass sich alle gegenseitig aktiv zuhören und empathisch miteinander umgehen. Es gilt aber ganz besonders eine Regel: Niemand muss persönliche Diskriminierungs-Erfahrungen teilen, darf aber, wenn er*sie das möchte. Deswegen formulieren wir vorab mit der Gruppe immer Community-Regeln, an die sich alle halten.
Dein Maßstab ist nicht, dass sich der akademisierte weiße hetero-cis Mann ohne Behinderung wohl fühlt. Es geht nicht um Komfort der Mehrheitsgesellschaft. Wirkungsvolle Unconscious Bias Trainings können und müssen ganz schön tief gehen! Wichtig ist aber, dass gerade Menschen mit Marginalisierungserfahrung im Raum sich auf den*die Trainer*in verlassen können.
4. Wirkungsvolles Unconscious Bias Training heißt: Walk the Talk
Ganz klar: Wir lernen aus den Erfahrungen, die wir machen. Das Training sollte für alle zugänglich und inklusiv sein, also einfache Sprache verwenden und einen Raum schaffen, in dem sich alle wohlfühlen und sie selbst sein können. Ein Training, in dem die richtigen Fragen gestellt werden, die zum nachdenken anregen. Und es sollte der Raum dafür sein, in dem Menschen Fragen stellen können, die sie so noch nicht gefragt haben. Erst die Sensibilisierung, dann die Aktion mit konkreten Beispielen aus deinem Arbeitsalltag und Ideen, die du gut umsetzen kannst. Und keine Angst vor Fehlern: die passieren sowieso und genau dann lernen wir doch am meisten. Also to do: viele Übungen und Diskussionen einbauen – Zusatzeffekt: Es ist so viel spaßiger!
5. Ein gemeinsames Commitment aller
Ihr seid also alle total motiviert und es soll weiter gehen? Unbedingt, ich bin dabei! Ganz wichtig: Halte das auch fest. Schreib es konkret auf, was ihr euch ganz individuell und gemeinsam als Team oder Unternehmen vornehmt. Kleb dir den Zettel neben den Bildschirm, leg ihn dir auf den Schreibtisch oder unter das Kopfkissen: Hauptsache du wirst regelmäßig daran erinnert und wirst aktiv.
Das bedeutet: Selbst ein wirkungsvolles Unconscious Bias Training ist nur so gut, wie die Maßnahmen, die danach noch folgen. Um eine Diversity, Equity und Inclusion-Strategie kommst du nicht herum. Falls du noch keine Vision und Meilensteine definiert hast – wir unterstützen euch gerne.
Hier zusammengefasst woran du ein wirkungsvolles Training erkennst:
- Das „Warum“ ist allen klar: Es ist wichtig, eine sinnstiftende Motivation fürs Thema zu haben. Pflichttraining ist nur semi gut.
- Erfahrene Trainer*innen: Achtet auf Trainer*innen, die nicht nur Wissen haben, sondern auch didaktisch qualifiziert sind Gruppen zu diesen sensiblen Themen zu leiten. Investiere in Qualität und ausgebildete Trainer*innen. Wir informieren dich gerne zu unseren Aus- und Weiterbildungen.
- Sensibler und achtsamer Umgang: Der*die Trainer*in schafft einen sicheren Lernraum, in dem alle einander respektvoll zuhören und empatisch miteinander umgehen. Niemand muss, aber alle dürfen Erfahrungen teilen.
- Praxisorientierung: Die Gruppe kann in realistischen Szenarien üben, woran Individuen ihre unbewusste Vorurteile erkennen und wie sie den Effekt minimieren können. Die Szenarien sind auf dein Unternehmen zugeschnitten.
- Gemeinsames Commitment: Das Training ist nur der Anfang, eine umfassende DEI-Strategie ist entscheidend. Noch besser: Das Training findet eingebunden in eurer Strategie statt.