Du möchtest dich für mehr Diversität und Inklusion im Unternehmen einsetzen? Und fragst dich wie du ein guter Ally sein kannst? Dann fang am besten bei dir selbst an. Was Allyship im Unternehmen darüber hinaus bedeutet und wie der Weg dorthin aussieht, erkläre ich dir hier.
Was bedeutet der Begriff Allyship eigentlich? Allyship (sprich: „Elleischipp“) ist ein englischer Begriff bedeutet auf Deutsch so viel wie Verbündetenschaft. Gemeint ist die Solidarität privilegierter Personen mit Mitgliedern einer marginalisierten Gruppe. Denn Bildung, finanzielle Mittel, aber auch Geschlecht, Alter, Race, sexuelle Orientierung und viele weitere Faktoren entscheiden über unsere Rolle in den gesellschaftlichen Machtverhältnissen. Wer festgelegten Normen und Idealen entspricht, profitiert automatisch von Privilegien. Während zum Beispiel eine trans Person oft Mikroaggressionen ausgesetzt ist, erfährt eine cis Person allgemeine Akzeptanz. Menschen ohne körperliche Behinderung genießen im Gegensatz zu Menschen mit körperlicher Behinderung den Vorteil, dass (Büro-)Gebäude und Städte nach ihren Bedürfnissen ausgelegt sind.
Deshalb ist Allyship im Unternehmen wichtig
Im Unternehmen führen diese Dynamiken dazu, dass privilegierte Menschen bei gleicher Qualifikation häufiger eingestellt werden und öfter in Führungspositionen aufsteigen. Allyship hat das Ziel, aus der eigenen machtvollen Position heraus diese Strukturen zu durchbrechen – und so für soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit und Teilhabe zu sorgen. Daher ist Allyship als Prozess zu verstehen, in dem du als Ally oder Verbündete*r mangelnde soziale Gerechtigkeit im Alltag sichtbar machst und dich aktiv für die Opfer von Diskriminierung einsetzt.
Wie werde ich zu einem guten Ally?
Allyship bedeutet nicht Gut vs. Böse. Die meisten von uns sind – je nach Situation – mal mehr und mal weniger privilegiert. Um zu erkennen, wie du ein*e Ally sein kannst, musst du dich mit den bestehenden Machtverhältnissen und mit dir selbst auseinandersetzen. Das kann manchmal schmerzhaft sein. Wer denkt schon gerne darüber nach, dass er*sie die hart erarbeitete Beförderung auch wegen unverdienter Vorteile erhalten hat? Sollte dir dieser Gedanke zusetzen oder Widerstände in dir auslösen, mach dir klar: Es geht nicht um ein moralisches Urteil oder das Absprechen deiner Leistung, sondern um einen Perspektivwechsel und zukünftige Chancengerechtigkeit. Allyship ist ein steter Lernprozess. Wie dieser Prozess aussehen kann, hat LGBTQI+ Aktivistin Anne Bishop anhand von 5 Schritten in ihrem Spiralmodell erklärt:
1. Wo stehst du?
Werde dir über deine eigene Rolle in der Gesellschaft bewusst: Wo genieße ich Vorteile, wo werde ich marginalisiert?
2. Was löst das in dir aus?
Die Antwort auf die erste Frage kann unbequem sein. Werde dir über deine Ängste, Hoffnungen, Herausforderungen und Widersprüche klar.
3. Warum ist das so?
Sieh dir die Welt genau an: Analysiere die Geschichte, einzelne gesellschaftliche Kontexte und bestehende Machtdynamiken. Höre Betroffenen genau zu.
4. Was kannst du dagegen tun?
Entwickle eine Strategie, wie Allyship im Unternehmen für dich aussehen soll und wie du so mehr Diversity erreichen kannst. Vor allem: Gib das Mikro weiter.
5. Nutze deine Position, um anderen zu helfen!
Handle und verhalte dich wie ein*e Ally. Danach durchlaufe die 5 Schritte erneut.
Wie sieht Allyship im Unternehmen aus?
Wenn du für Diversität im Unternehmen sorgen möchtest, musst du nicht erst auf eine groß angelegte Diversity Strategie warten. Handle selbst! Ein typisches Beispiel aus dem Büroalltag: Im Meeting spricht eine Frau gerade über ein Thema, für das sie eine Expertin ist. Plötzlich wird sie von einem Kollegen ungeduldig unterbrochen. Er kommt richtig in Fahrt, lässt sie nicht zu Wort kommen, belehrt sie und wiederholt schließlich ihre These. Dahinter steckt sein Unconscious Bias, sie könne aufgrund ihres Geschlechts nicht so kompetent sein wie er selbst. Für die Kollegin bringt das große Nachteile mit sich: Ihre Leistung wird im Team schwächer wahrgenommen, der Mann bleibt als der eigentliche Spezialist im Gedächtnis. Hier kann ein anderer Mann zum Verbündeten werden – etwa, indem er einordnet, wer die These ursprünglich aufgestellt hat, und betont, dass er diese gerne noch einmal von der Expertin selbst hören würde.
7 hilfreiche Formulierungen für Allies
So kannst du auf diskriminierende Situationen reagieren:
- „Ich fühle mich nicht wohl mit dem, was du gerade gesagt hast.
- „Ich möchte dich nicht in Verlegenheit bringen, aber ich muss dazu etwas sagen.“
- „Vielleicht hast du es nicht so gemeint, aber das klingt für mich transfeindlich/homofeindlich/rassistisch/sexistisch/ableistisch…“
- Zu einem Zeugen: „Hast du das auch gerade gehört?“
- „Was hat dich dazu bewogen, diese Äußerung zu machen?“
- „Meinst du wirklich, dass …?“
- Wichtig! Den*die Betroffene*n einbeziehen: „Ich möchte, dass du weißt: Du bist nicht allein.“
Deine Haltung als Ally: Veränderungswille vs. Performance
Allyship ist eine Haltung. Es geht darum, uneigennützig zu handeln – und nicht für den Publikumsapplaus. Gar nicht so einfach, schließlich wollen wir uns im Job von unserer Schokoladenseite zeigen. Achte deshalb darauf, dass du den Mehrwert für Betroffene im Blick behältst und Allyship nicht zur Selbstdarstellung nutzt. Sonst passiert das, was Aktivist*innen auch performanten Aktivismus, Gerechtigkeitstheater oder Cookie-Seeking, die Jagd nach einem Belohnungskeks, nennen. Wenn du aber aus ehrlicher Empathie und Überzeugung heraus handelst, wirst du schnell das richtige Gespür entwickeln. Ängste und Unsicherheiten gehören dazu! Niemand ist vollkommen, und schließlich befindest du dich in einem Lernprozess: Was zählt, ist das Dranbleiben. Und dann kannst auch du als einzelne*r einen wertvollen Beitrag zu Allyship im Unternehmen leisten.
Leseempfehlungen und Quellen:
Bishop, Anne (2015): Becoming an Ally: Breaking the Cycle of Oppression in People
Kennst du schon mein LinkedIn Learning zum Thema Allyship? Hier gehts lang!